Joerg Rowolt

Keine Einigung beim ersten wegweisenden Reformpaket

Deutscher Bühnenverein bietet Mindestgage unter Mindestlohn an

Nach lang andauernden und intensiven Verhandlungen zwischen Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger (GDBA) mit dem Deutschen Bühnenverein (DBV) über ein erstes Reform­paket bezüglich der Bezahlung der Bühnenbeschäftigten für die NV Bühne-Sonderregelungen Solo und BT, kam es bedauerlicherweise zu keiner Einigung. 

Obwohl die GDBA mehrere Schritte von ihren ursprünglichen Forderungen in Höhe von 3.100 € Einstiegsgage für die Spielzeit 2022/2023 abgewichen ist und dem Bühnenverein mehrmals ent­gegenkam, hat sich die Gegenseite wenig bewegt. Nicht einmal die von der GDBA zuletzt gefor­derten Zahlen von 2.715 €, die lediglich der proportionalen Erhöhung der Mindestgage im Ver­hältnis zur proportionalen Erhöhung des Mindestlohns entspricht, wurde seitens des DBV akzep­tiert. Der DBV hatte zuletzt 2.550 € geboten. Dieses Angebot konnte die GDBA nicht annehmen, da man für eine solche Mindestgage, die an den Mindestlohn angelehnt ist, keine Gewerkschaft braucht. Da der Mindestlohn ab 1. Juli auf 10,45 € steigt, im Oktober sogar auf 12 € und in Berlin auf 13 €, liegt das aktuelle Angebot des DBV nach GDBA-Mindestlohnberechnung mit einer er­laubten Wochenarbeitszeit von 48 Stunden unter dem gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn. Die NV Bühne- Beschäftigten fallen unter das Arbeitszeitgesetz, was eine Wochenarbeitszeit von 48 Stunden erlaubt. Hinzu kommen 4,5 % Abgabe an die Bayerische Versorgungskammer, also Geld, dass die Beschäftigten nicht ausgeben können, weshalb es nicht als Mindestlohn ange­rechnet werden kann. Demnach hätten die Beschäftigten laut GDBA-Berechnung einen Anspruch auf 2.600,30 €  bundesweit und in Berlin auf 2.816,98 €. 

Die GDBA bedauert sehr, dass es zu keinem Abschluss kam, haben die Bühnenbeschäftigten doch aufgrund der langanhaltenden prekären Beschäftigung durch die geringe Mindestgage ein großes Nachholbedürfnis bei Lebenshaltungskosten und Altersvorsorge. Die Erhöhung der Ga­gen ist nicht zuletzt dringend erforderlich, da die Inflation von 7,9 % das ohnehin geringe Einkom­men bedroht.  

Die Angst, Theater würden kaputtgehen, führt vermutlich zu dem niedrigen Angebot des DBV. Die GDBA hatte daher zwischenzeitlich angeboten, eine geringere Mindestgage für finanzschwa­che Häuser zu vereinbaren. Darauf ist der DBV nicht eingegangen. Tausende NV Bühne-Be­schäftigte dürfen nicht wegen ein paar schwach finanzierter Häuser in Geiselhaft genommen wer­den. 

Um die Ziele der aktuellen Manteltarifverhandlungen sofort durchzusetzen, wird sie sich mit all ihren Mitgliedern, befreundeten Verbänden und Netzwerken dafür einsetzen, eine angemessene Bezahlung umzusetzen. Bis dahin empfiehlt sie dringend, entgegen der normativen Handlungs­empfehlung des Deutschen Bühnenvereins in Höhe von 2.500 €, eine Mindestgage von 3.100 € zu zahlen, mindestens vier Gagenstufen einzuführen und die Gastgagen dementsprechend anzu­passen. Nur so kann man der Qualifikation, Verantwortung und Belastung der Beschäftigten im Verhältnis zur Bezahlung im öffentlichen Dienst gerecht werden.  

Lisa Jopt, geschäftsführende Präsidentin der GDBA: „Das Narrativ, die Theater gingen kaputt, wenn die künstlerisch Beschäftigten angemessen bezahlt würden, verhindert eine Weichenstel­lung im Kampf gegen prekäre Beschäftigung für ein wichtigen Teil der Beschäftigten im NV Büh­ne. Dies steht im großen Widerspruch zu der Notwendigkeit eines Tarifvertrags, die die Träger zur finanziellen Planung benötigen. Solange kein Tarifvertrag die angemessene Bezahlung der Beschäftigten regelt, werden die Träger keine Notwendigkeit sehen, ihre Zuschüsse anzupassen. Das schiefe Beziehungsgefüge zwischen den unterschiedlichen Tarifverträgen und innerhalb des Theaters muss endlich korrigiert werden.“ 


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